09November
2019

Wellington und Kapiti Island

Wir verabschiedeten uns von der Südinsel. Für die Straße von Kaikoura nach Picton sollte man auf jeden Fall etwas mehr Zeit einplanen, denn es gibt zahlreiche Baustellen, um die Erdbebenschäden von 2016 zu beheben und auch, um sie und die Bahnstrecke generell erdbebensicherer zu machen. In Picton hieß es dann tanken, Auto abgeben und auf zur Fähre. Wir hatten viel Zeit veranschlagt, war als Europcarmieter aber völlig unnötig, denn es war nüscht los (anders als bei Avis und Budget) und es wurde auch kein Tamtam um die Rückgabe gemacht. Habt ihr getankt – ja, holt ihr euch auf der Nordinsel ein neues Auto – ja…na, dann, viel Spaß noch. Am CheckIn war auch nichts los. Wir waren mit unserem ganzen Kram (2 Koffer, 2 große Stofftaschen voll mit Essen, Rucksäcken, Handtasche und Kamera) noch einen Meter vom Schalter entfernt, da rief die Dame schon nach unserem Namen, ich rief zurück und nach dem Meter hielten wir die Bordkarten auch schon in der Hand. An der Gepäckaufgabe war auch niemand…man fühlte sich schon fast gestresst von so viel Schnelligkeit. Beim Boarding war ebenfalls nur sehr wenig los (überhaupt war die Fähre sehr leer) und so saßen wir noch 45 Minuten auf dem obersten Deck in der Sonne. Nach Abfahrt ging das genau noch 10 Minuten, dann hatten wir die Bucht verlassen und uns schlug der Wind so richtig um die Ohren. So haben wir die 3,5 stündige Fahrt dann doch in der Lounge verbracht, kurz vor Wellington find es natürlich wieder an mit regnen. Wir waren vorher gewarnt worden, dass es nach der Ankunft chaotisch werden könnte, am besten einer solle die Koffer holen und einer das Auto. Vielleicht mag das für den Sommer gelten, aber bei uns war es nicht so, wir waren überhaupt die einzigen, die wieder einen Mietwagen geholt haben. Der nette Herr von Europcar war ganz begeistert, dass er uns als Deutschen einen VW Tiguan ausgesucht hat. Was gut klingt, entpuppt sich aber schnell als ganz blöd, wenn man sich nach fast 6 Wochen Autofahren daran gewöhnt hat, dass der Blinker rechts, und der Scheibenwischer links ist. Bei VW ist es wieder europäisch, also Blinker links und Scheibenwischer rechts. Im Urlaub ist das Gehirn mit solchen Sachen eindeutig überfordert. Wir waren mitten in Wellington im Hotel QT Museum untergebracht, welches von oben bis unten mit Kunst vollgestopft ist, ansonsten aber sehr düster daher kommt. Es war auf jeden Fall einiges los, scheinbar war irgendwo in der Nähe eine Veranstaltung, denn wir begegneten mehreren Kleopatras. Wir waren zum vorerst letzten Mal komplett selbstverpflegt und hatten hierfür wieder ein Zimmer mit Küche im 6. Stock, also Blick auf den Ozean. Was erst mal gut klingt, hat uns aber nicht so zugesagt, denn, es gab keine Fenster, nur Scheiben. Für uns als Frischluftfanatiker der Horror. Zwar versicherte ein Schild, dass eine permanente Zufuhr gewährleistet ist, aber sobald die Klimaanlage eine halbe Stunde aus war, wurde es richtig stickig. Außerdem gab es in unserem Zimmer doch einige „Kunststücke“, die wir auf der Seite ‚das kann weg‘ gesehen haben. Wellington an sich hat uns auch nicht besonders gefallen. Viele Gebäude sind dunkel, grau und klobig. Verbunden mit dem dauergrauen Himmel ergibt das eine besonders depressive Stimmung. Wir haben an unserem vollen Tag einen eher planlosen Spaziergang unternommen, denn der eigentlich avisierte Mount Victoria (ein Drehort aus ‚Herr der Ringe‘) versteckte sich zum Teil in den dicken Wolken. Nicht schlecht gestaunt haben wir am ruhigen Teil des Hafens. Bei vielleicht 15 Grad Lufttemperatur sprangen doch einige Jugendliche ins Wasser zum Schwimmen. Kurz bevor wir unser Hotel wieder erreichten setzte natürlich starker Regen ein und das Hotel hatte aufgrund des starken Windes die Haupttür verschlossen, sodass die Laune besser nicht hätte sein können.

Da der Wetterbericht auch für die nächsten Tage keine Besserung andeutete fuhren wir sehr früh am nächsten Morgen ohne irgendwelche Erwartungen zur Fähre nach Kapiti Island (ist nur 45 Minuten von Wellington entfernt). In Paraparaumu, das ist der Küstenort ggü. der Insel, weckte man Hoffnungen, denn es hätten längst regnen sollen, war aber noch alles trocken. Als erstes mussten wir einchecken und unsere Rucksäcke (schwere Koffer durften nicht mit) einem Bioscan unterziehen. Als der nette Herr das erste Mal etwas undeutlich sagte: „We are looking for rats and mice“ – also wir prüfen die Taschen auf Ratten und Mäuse, war ich ganz sicher der Meinung mich verhört zu haben, zeigte ihm meine Müsliriegel und fragte, ob ich die mitnehmen darf. Diesmal schaut er mich ganz entgeistert an und sagte noch mal – „Of course, we are only checking for rats and mice“ …. Wie bitte? Was? – Warum sollten wir denn Ratten und Mäuse mit uns herum tragen??? Der Check bestand dann auch darin, dass wir selbst in unseren Rucksäcken herumwühlen sollten, ob da nicht doch so ein Viech hinein gekrochen ist. Wie lange muss man denn seine Tasche nicht ausgeräumt haben oder wo soll die gestanden haben…..aber egal, lassen wir das. Auf dem Parkplatz, auf dem unser Auto mitsamt den Koffern übernachten sollte hat uns ein weiterer netter Herr erklärt, dass wir hier nur um die Ecke gehen müssen und da kommt dann gleich die Fähre. Um die Ecke war ein Sandstrand, kein Pier, kein Steg, nichts, nur ein Strand, aber es standen andere Leute da. Also stellten wir uns mit dazu und freuten uns, denn auf der Insel waren einige sonnenbeschienene Flecken zu sehen. Kurze Zeit später lüftete sich das Geheimnis um die Fähre mit einer der eigenartigsten Aktionen, die wir je gesehen haben. Ein größeres Motorboot kam auf den Strand zu gefahren. Gleichzeitig setzte sich ein Traktor auf einem riesigen Fahrgestell mit einem Anhängergestell in Bewegung und fuhr direkt ins Wasser. Das Boot fuhr in das Gestell, dockte an und wurde vollständig aus dem Wasser an den Strand gezogen. Dann wurde eine lange Rampe angebracht und wir durften nach Schuhe abbürsten und in ein Desinfektionsbad treten an Bord. Dann brachte der Traktor das Boot zurück ins Wasser. In der Zeit gab es die obligatorische Sicherheitseinweisung und dann fuhr der Bootsmann langsam los. Nach ein paar Metern fragte er noch mal nach hinten, ob alle gut sitzen und legte den Turbo ein. Also so einen Speed hätten wir der Fähre nicht zugetraut, entsprecht kurz war die Fahrt. Auf der Insel dann wieder nur Strand, diesmal aber Kies und kein Traktor in Sicht. Das Boot wurde richtig in den Kies gefahren, dann wurde eine lange Rampe vom Dach geholt und einer aus der Mannschaft sauste auf dem Teil stehend nach unten und krachte die Rampe damit in den Kies…sah aus wie ein riesen Gaudi. Unser erster Teil auf der Insel bestand aus einem längeren Vortrag, bei dem wir das Prozedere mit den Nagetieren etwas besser verstanden haben, denn die Insel ist seit einigen Jahren absolut frei von Säugetieren (außer Fledermäusen) und bietet der dortigen Vogelwelt damit ausreichend Schutz sich wieder zu entwickeln. Wenn man nicht die ganze Zeit in dem Unterstand mit dem Betrachten von Vogelbildern verbringen möchte, bleibt einem eigentlich nur eines, auf den Gipfel der Insel zu wandern (521 m) – man bedenke aber, man startet bei Null. Auf den Gipfel führen 2 Wege, einer ist abenteuerlich, den darf man auch nicht bergab gehen und einer ist gemütlich. Wir wählten den gemütlichen, denn wir wollten ja auch ein paar Vögel sehen und das haben wir. An einer Stelle mit einer Bank befand sich auch ein besonders aufdringlicher Káká und belästigte eine Dame. Nicht nur, dass er sich einfach so auf ihre Schulter setze, er zog mit seinem Schnabel auch einen Reißverschluss ihres Rucksacks auf und wühlte in dem Fach herum. Die Dame war sehr ängstlich und ich versuchte den Vogel zu verscheuchen…er versuchte mich zu beißen, flog dann aber doch zurück auf einen Baum. Dann setzte leider doch noch der Regen ein. Einige Kehren weiter oben flog plötzlich ein Káká von weiter unten kommend direkt über Ronalds Kopf auf einen Baum direkt am Weg. Eine Frau mit Kind, die von oben runter kam, meinte nur, irgendwie sah das aus, als verfolgt er euch….oh oh. Ob es der gleiche Vogel wie unten war, wer weiß. Der Weg zog sich im Regen weiter nach oben und irgendwann gerieten wir in die Wolkenschicht, aber es wurde immerhin wieder trocken. Auf dem Gipfel war es wie immer, und sie sahen nichts. Wir hielten uns auch nicht lange auf und machten uns auf den Rückweg. Insgesamt eine sehr schöne Wanderung, wie immer im Märchenwald und diesmal begleitet von dauerhaften Vogelgesängen. Glücklicherweise hatte der Regen inzwischen ganz aufgehört, sodass wir unten noch alles trocknen konnten und ein Weka-Kücken gab es auch noch zu sehen. Gegen 15 Uhr wurden wir wieder mit dem Boot abgeholt und auf einen anderen Teil der Insel gebracht. Dieser Teil ist das einzige Gebiet in Privatbesitz, gehört einer Maorifamilie, die dort bereits seit zwei Jahrhunderten lebt und dort sollten wir übernachten. Insgesamt waren wir vielleicht 15 Gäste. In dem Areal gab es alle Vögel noch mal zu sehen, die sich hier sogar viel bereitwilliger fotografieren ließen. Außerdem hat sich unter der Veranda ein Pinguinpaar eingenistet, die zurzeit ihre Babys betreuen. Durch die Spalte in der Veranda konnten wir auch hineinschauen ins Pinguinnest, sehr niedlich, aber ein fürchterlicher Gestank. Die Kleinen dürfen nämlich noch nicht raus und kacken die ganze Bude zu. Ronald konnte sich noch mal zu einem Strandspaziergang aufraffen, ich habe mich mit meinem Kindle auf die Veranda gesetzt, aber die ganze Zeit fotografiert und Sonne gab es auch. Nach dem Spaziergang gesellte sich Ronald, allerdings Apfel essender Weise, mit auf die Veranda und er hatte sofort Besuch. Zwei Kákás kletterten auf ihm herum, auf der Suche nach dem Leckerli. Gefüttert werden dürfen sie übrigens nicht, da sie sonst kein eigenes Futter mehr suchen. Später trafen wir uns alle im Gemeinschaftsraum zum Abendessen und wir haben wieder sehr herzliche Neuseeländer kennen gelernt. Gegen 21 Uhr ging es dann endlich los, Kiwitour. Man läuft sehr sehr langsam ein paar Schritte (eines der beiden Kinder unserer Gruppe nannte es ‚painfully slow', dann stehen bleiben, lauschen, der Guide hat mit einer Rotlichtlampe in die Büsche geleuchtet und weiter langsam laufen. Um es abzukürzen, wir haben die Kiwis sehr deutlich gehört, die machen nämlich ganz schön Krach, aber es ist keiner vor die Lampe getapst. Gelohnt hat sich der Ausflug nach Kapiti Island aber auf jeden Fall trotzdem.