01November
2019

Fox Glacier Village

Juchu, endlich wieder etwas Internet, dann kann es ja weitergehen:

Zum Abschied aus unserer Lodge in Wanaka gab es noch mal ein leckeres Frühstück, Rührei auf dunklem Körnerbrot mit Schafskäse und Kräutern bestreut. Unser heutiges Ziel hieß Fox Glacier Village, wofür wir noch einmal die Straße nach Makarora fahren durften. Bei strahlendem Sonnenschein zeigte sich der Lake Hawea in einem unglaublichen blau. Da mussten wir natürlich noch mal anhalten. Danach ging es mit einem Zwischenstopp im Café in Makarora, um uns mit Kaffee und Chai Latte zu versorgen, weiter zu den Blue Pools. Nun ja, vielleicht stand die Sonne nicht richtig, aber so spektakulär fanden wir das jetzt nicht. Es war eine nette Fahrtunterbrechung mit einer tollen Hängebrücke, die so richtig schön geschwungen hat und 3 merkwürdigen Typen mit gesichtsbedeckenden Ganzkörperanzügen, einer lila, einer rot und einer orange. Ich dachte mir noch, mensch, das trugen doch einige in München vor 2 Jahren an Halloween, als mir das Licht aufging, es war ja Halloween. Während der weiteren Fahrt wollten wir eigentlich noch mal am Strand anhalten, aber der Himmel zog sich immer mehr zu und graues Wasser sieht im Urlaub nicht schön aus. Unter dem Fox Glacier Village hatte ich mir irgendwie ein romantisches Bergdorf vorgestellt, nun, das war es jedenfalls nicht. Genau, wie der Ort 23 km weiter (Franz Josef Glacier Village), lebt dieser Ort davon Touristen per Hubschrauber auf die Gletscher zu bringen, dort 2 Stunden herum laufen zu lassen und dann wieder herunter zu fliegen oder nur herum zu fliegen. Unsere persönliche Meinung, Rundflüge ok, Leute hoch bringen, damit sie mal auf einem Gletscher waren, finden wir nicht ok. Da in unserer Lodge noch niemand da war, genehmigten wir uns in einem der wenigen Restaurants noch ein spätes Mittagessen. Danach war unsere Gastgeberin zu Hause. Wir hatten diesmal ein richtiges Homestay, d.h. wir wohnten in einem freien Zimmer in ihrem Haus und durften uns auch in ihrem Wohnzimmer ausbreiten (wir waren die einzigen Gäste). Sie hatte als einzige im Dorf ihr Haus ein bissl für Halloween geschmückt und so rannten kurz vor Einbruch der Dunkelheit auch ein paar kleine Vampire und Geister über den Rasen um Süßigkeiten abzustauben.

Für den vollen Tag im Gletschergebiet war eine Wanderung auf einen Gipfel, den Alex Knob (1303m) geplant. Die Wanderung bietet zum einen mehrere Aussichten auf den Franz-Josef Gletscher, zum anderen sollen auf dem Gipfel Keas leben. Laut meinem (von Deutschen geschriebenen) Wanderführer sollte die Wanderung 6:15 h dauern. Am Wanderparkplatz angekommen, stand am Schild, 17,2 km, 8 Stunden. Ja, was denn nun, 2 Stunden Unterschied sind ja doch ganz schön enorm. Wir richteten uns emotional auf 7 Stunden ein. Die erste Wegmarkierung erreichten wir 5 Minuten vor der Zeit aus dem Wanderführer und 10 Minuten vor der Zeit vom Wanderschild, den ersten Aussichtspunkt erreichten wir 15 Minuten vor der Zeit aus dem Wanderführer, hm, vielleicht laufen Neuseeländer gemütlicher als Europäer? Nun zum Wanderweg, bei gutem Wetter und guter Sicht wirklich zu empfehlen, außer man möchte seine Ruhe. Nein, der Weg ist nicht überlaufen, aber die im 10 Minutentakt startenden Hubschrauber fliegen die ganze Zeit an einem vorbei. Ein entsprechendes Warnschild steht gleich am Beginn des Weges, spätestens hier kann der Ruhesuchende umdrehen. Der Weg führt durch einen dichten Wald, riesige Farne, viel Moos, wild wachsende Bäume, sieht aus wie im Märchenwald. Auf der anderen Seite ist es ein Weg, bei dem man auf keinen Fall während des Laufens nach links oder rechts schauen kann, sondern sehr konzentriert auf den Boden achten muss. Matsch, rutschige Steine und Wurzeln, Stolperfallen und immer wieder Hindernisse zum überklettern…und was für welche. Ich bin mir recht sicher, in den Alpen gibt es solche Wege nicht, hier in Neuseeland fehlen wahrscheinlich die ganzen hoch motivierten Jugendgruppen der Alpenvereine, die einmal pro Jahr zum Arbeitseinsatz fahren und Wege wieder in Ordnung bringen. Obwohl ich mir also der Gefahren des Weges sehr bewusst war, passierte es am 1. Aussichtspunkt auf den Gletscher, ich schaute nicht richtig nach unten, trat auf einen schrägen glatten Baumstumpf, rutschte ab, stieß mit einem Unterschenkel sehr schmerzhaft an einen Felsen und knallte mit dem anderen Oberschenkel noch auf den Baumstumpf. Ich wusste sofort, das werden sehr große Hämatome (sind wirklich schön lila geworden). Danach wurde der Weg erst so richtig spaßig, einige Hindernisse stellten kleine Leute vor große Herausforderungen und man blieb immer wieder im Schlamm stecken. Am 2. Aussichtspunkt ankommen dann die Ernüchterung, tief hängende Wolken, aber immerhin bedeckten sie bislang nur die oberen Bergspitzen. Wir also weiter bergan. 3 Stunden bergan laufen sind auch für uns kein Pappenstiel, also fängt man irgendwann, wenn die Kräfte langsam beginnen nachzulassen, an darüber nachzudenken, wie man eigentlich die ganzen Hindernisse nachher wieder runter kommen soll. Als wir endlich auf der Kammhöhe angekommen waren, noch mehr Wolken, und zwar so tief, dass der Kamm im Nebel verschwand. Da die Sicht gleich Null war und ein Kamm ohne Sicht doch eine gewisse Gefahrenquelle birgt, beschlossen wir, den Kamm nicht mehr bis hinter zu laufen (es fehlten vielleicht noch 600m), sondern an Ort und Stelle eine längere Pause einzulegen. Wie wir da so saßen kam eine 4er Gruppe aus dem Nebel, die vielleicht 50m neben uns noch mal anhielt. Wir hörten eine männliche Stimme auf englisch sagen, dass es heute noch aufklaren soll und er jetzt eben 2 Stunden hier oben wartet, danach ein kurzes Wortgefecht mit einer weiblichen Stimme und kurz darauf kam eine junge Frau mit Wollpulli und Schuhen die keine Wanderschuhe waren an uns vorbei gestapft. Wir haben sie kurz angesprochen, sie hat uns wütend erklärt, dass auch hinten keine Sicht ist, dass das hier ihre erste Wanderung überhaupt und sie völlig fertig ist und dann noch sowas wie, ihre Freunde sind blöd und sie geht jetzt zurück zum Auto...und weg war sie. Ja, da würden wir ihr recht geben, einen Wanderneuling gleich auf eine 17 km Wanderung mit 1120 Höhenmetern mitzunehmen und sie dann auch noch allein zurück laufen zu lassen, ist wirklich nicht die nette Art. Auf dem Rückweg begann ich übrigens die Schlammpampe richtig lieb zu gewinnen. Das ist gar nicht so schlecht beim bergablaufen, sehr gut für die Knie, wenn man auf weichem Boden aufkommt. Im Laufe des Rückwegs, machten sich die Prellungen immer mehr bemerkbar, ich musste aufs Klo (Ronald kann sowas ja ganz unauffällig erledigen) und bei einigen Hindernissen hatte ich mit den kurzen Beinen wirklich Probleme wieder runter zu kommen und Ronald musste helfen. Nachdem wir es nach 6 Stunden mit Pausen zurück zum Auto geschafft hatten, die junge Frau in einem Bus haben sitzen sehen und mein Bedürfnis immer größer wurde beschlossen wir, die Glacier Road auf gut Glück noch bis nach hinten durch zu fahren. Gleich beim Einfahren auf den Parkplatz wunderten wir uns über wild gestikulierende Menschen, bis wir ihn auch sahen, den Kea auf dem Autodach. Da kann das Klo doch noch warten, erst mal Fotos schießen. Völlig fertig ging es danach zurück in unser Dorf. Auch an diesem Abend besuchten wir noch mal das Restaurant von gestern (heißt übrigens Saloon) und waren wieder vom leckeren Essen begeistert. Das war es auch schon im Gletschergebiet, morgen geht es weiter bis an unseren nördlichsten Punkt der Südinsel, wir drücken die Daumen, dass das angekündigte Hochdruckgebiet auch wirklich kommt, denn wir sind wieder am Meer.