08Dezember
2023

Der kleine Süden - Vulkane und Seen

Wir arbeiten uns nun langsam in nördliche Richung und fliegen zunächst nach Puerto Montt und von dort aus geht es gleich per Transfer nach Puerto Varas. Heute ist es leider stärker bewölkt, aber unser Fahrer zeigt uns dennoch, wo wir uns den Blick auf die beiden großen Vulkane vorstellen können. Wir sind im Hotel Cabaña del Lago, also direkt am See. Vom Hotel hatten wir uns irgendwie etwas mehr versprochen, es ist dann doch eher altehrwürdig. Das Zimmer ist zwar sauber, aber vieles klappert oder klemmt. Immerhin, das Hotel hat eine gute Bar und ein gutes Restaurant und bietet am Freitagabend Karaoke und am Samstag einen chilenischen Sänger. 

Unsere erste Tour führt uns auf die mystische Insel Chiloé und wir haben eine sehr engagierte Reiseleiterin "Comandante Nelli". Der Weg auf die Insel dauert etwas länger, es gibt nur die Fähre, die scheint aber sehr regelmäßig zu fahren, wir kommen sofort auf eine drauf und die legt auch nach 5 Minuten ab. Nelli möchte uns zum Mittag nicht in irgendein riesiges Touristenrestaurant schleppen, sondern hat ein Mittagessen bei einer Familie organisiert und damit zum Mittag alles frisch gekocht ist, müssen wir schon zu Beginn der Tour angeben, was wir essen möchten. Wir entscheiden uns beide für "Lachspizza", aber dazu später mehr. Unser erster größerer Halt ist der Ort Dalcahue, wir dürfen uns hier frei bewegen und schlendern die Strandpromenade entlang. Wir wurden vor dem Aussteigen nochmals ermahnt, ja nichts zu essen, nicht, dass wir dann das Mittagessen nicht schaffen...wäre ja schade. Nach zahlreichen Fotos von bunten Booten und den ersten Häusern auf Pfählen geht es dann auch schon den Hügel hinauf zur Familie. Wir müssen uns etwas beeilen, denn Nelli hat erfahren, dass heute noch eine weitere kleine Reisegruppe dort essen wird und wir sollen doch bitte die ersten sein. Auf dem Gut wohnt die ganze Familie in verschiedenen Häusern zusammen und der Hausherr kocht aus Leidenschaft. Vom Gut aus hat man eine sehr schönen Blick über den Ort. Wir sind froh, dass wir wirklich nichts gegessen haben, denn es gibt Vorab nicht nur Brot und Salat, sondern auch Muscheln und Hühnersuppe. Neben uns sitzt eine junge Engländerin mit der wir gut ins Gespräch kommen. Auch sie ist seit einigen Monaten in Chile und macht ein Praktikum in einer Kita. Dann kommt unsere "Pizza". Wie auch der Hotdog scheint der Begriff großzügig auslegbar, das haben wir jedenfalls nicht erwartet. Unsere Pizza entpuppt sich als Lachsstück, darauf Wurstscheiben (ja genau, Wurstscheiben), darauf Tomaten und dann Käse. Dazu gibts Kartoffeln. Ebenfalls im Mittagessen enthalten ist Wein ohne Limit, so schnell, wie das Glas wieder aufgefüllt wird, kann man gar nicht schauen. Das "No gracia", dass ich irgendwann doch entgegne, wird mit einem zweifelnden Kopfschütteln entgegen genommen. Nach dem Essen geht es weiter nach Castro, dort hat Nelli ein Boot für uns organisiert, von dem aus wir die schönen Pfahlbauten gut betrachten können. Danach geht es auch schon zurück, da der Weg wieder mehrere Stunden in Anspruch nimmt. Zur Entschädigung für die lange Sitzerei im Bus empfängt uns Puerto Varas mit Blick auf den Vulkan, die Wolken haben sich endlich verzogen. 

Am zweiten Tag unternehmen wir einen ebenfalls langen Ausflug, aber wir vermissen Nelli. Unser heutiger Reiseleiter ist leider extrem schwer zu verstehen, ein nettes portugiesisches Pärchen aus unserem Hotel hilft uns etwas, aber wir sind nicht die einzigen, die ihn nicht so richtig verstehen. Wir fahren zunächst zu den Saltos del Rio Petrohue. Hier ist aber alles sehr stressig, wir haben kaum Zeit und schaffen es nur zu den Wasserfällen, die um diese Uhrzeit noch recht schattig liegen. Für die restlichen Wege haben wir keine Zeit, wir müssen weiter. Gerade als ich zum Ausgang raus will, steht ein Fuchs vor mir und lässt sich auch bereitwillig fotografieren. Nach dem Park geht es auf ein größeres Schiff, mit dem wir bei bestem Wetter den Lago Todos los Santos entlang fahren. Wir haben eine gute Sicht auf den Vulkan Osorno und weitere Vulkane. Nach zwei Stunden legen wir in Peulla an, einem winzig kleinen aber malerisch gelegenen Ort am Ende der Welt. Ich bin aber die ganze Zeit mit mulmigen Gefühl unterwegs, da unser Guide irgendwas von Pässen erzählt. Unsere liegen aber sicher im Hotelsafe, wir haben nur Kopien dabei. Er hält das für ein Riesenproblem, und nuschelt was von Polizei. Mit der gab es dann übrigens keine Probleme, es stellte sich irgendwann heraus, dass nur die Reisenden einen Originalpass brauchen, die im Ort übernachten möchten. Machen wir ja nicht, er nuschelt bei der Rückfahrt auch eine Entschuldigung für die Verwirrung. Im Ort gibt es wohl irgendwelche Aktivitäten, wir haben keinen Plan, unser Guide überlässt uns uns selbst. Wir schauen neidisch auf die amerikanische Gruppe, für die bereits OffRoadbusse bereit stehen, hier hat sich der Guide gekümmert - wie schon geschrieben, wir vermissen Nelli. Am Ende essen wir vor Ort entspannt Mittag, unternehmen eine kleine Wanderung zu einem Wasserfall und legen uns in die Sonne. Caspar David Friedrich hätte dieses Fleckchen Erde nicht besser malen können. Zurück geht es wie wir gekommen sind, auf der Speicherkarte der Kamera landen weitere 50 Fotos von den Vulkanen. Am Abend tritt dann Sebastian Montero im Hotel auf, wir finden ihn super. 

An unserem dritten Tag soll es endlich auf den Osorno gehen. Zuvor nehmen wir aber den gleichen Weg wie am Vortag. Nochmal die Wasserfälle, nochmal der See, aber alles viel entspannter. Wir haben Zeit die Wege im Park abzulaufen und die Sonne zu genießen. Und wieder läuft uns ein Fuchs vor die Füße. Auf dem See diesmal nur eine kleine Runde mit offenem Verdeck. Mittagessen gibts heute in einer Art Kantine, Qualität so la la, dafür geht es zur Hintertür aber direkt an den Seestrand, wunderschön. Nach dem Mittag geht es endlich zum Osorno, gleich vorab, wir hatten uns das anders vorgestellt. Die beiden Skilifte fahren derart langsam, dass es je 30 Minuten dauert, um nach oben und wieder nach unten zu kommen. D.h., wir haben oben nur ganz wenig Zeit zum Herumlaufen, was wir total schade finden. Anschließend geht es zurück nach Puerto Varas. 

Für den nächsten Tag steht eine 5stündige Busfahrt nach Pucón, unserem nächsten Ort an, wir sind total begeistert. Für unsere Koffer bekommen wir einen Gepäckzettel und unsere Sitze im Bus sind ein Traum. Man kann sie theoretisch zu Betten umklappen, wir nehmen aber nur die halbliegende Position mit Fußteil usw. Der Bus hat ein richtiges Klo mit Fenster, in unserem Abteil laufen amerikanische Spielfilme mit spanischen Untertiteln. Es gibt einen richtigen Begleiter, der alle halbe Stunde nach dem Rechten schaut und auch Bescheid gibt, wer wann aussteigen muss (steht alles auf seiner Liste). So komfortabel sind wir noch nie gefahren. Zur Mittagszeit steigt zunächst ein Sandwichverkäufer zu, später halten wir mitten auf einer Schnellfahrstrasse. In der Mitte zwischen den Leitplanken steht eine ältere Dame, von der unser Busbegleiter einen Korb mit Kuchen abkauft, den gibts dann auch im Bus...einfach irre. In Pucón übernachten wir im Aldea Naukana, was uns sehr gut gefällt. Unser Blick vom Bett aus geht direkt auf den Vulkan Villarica, alles ist aus Holz, bzw. mit natürlichen Materialien. Das ganze Hotel duftet nach Spa, es gibt eine kleine Sauna und ein Hot Tub. 

Unser erster Ausflug in Pucón geht in den Nationalpark Huerquehue. Wir haben quasi eine Privattour mit Pablo und seiner Freundin. Pablo macht keine Gruppentouren mehr, finden wir klasse. Wir laufen im Park eine 14km - Runde zu einigen Seen und erfahren, dass wir am nächsten Tag mit Pablo auch die Vulkanbesteigung machen. Pablo freut sich, dass wir die heutige Tour überstanden haben, ohne umzufallen und ist zuversichtlich für den nächsten Tag. Wir schätzen im Park mal wieder die Arbeit des DAV in Deutschland wert, denn obwohl wir uns in einem Nationalpark mit Eintritt befinden, gemacht ist da nix. Wenn ein Baum umgefallen ist, muss man da eben drüber, den räumt da keiner weg. Wir erfahren auch, die hübsch aussehenden blauen Brummer dürfen wir erschlagen, es sind Wespen und man nennt sie auch Horsekiller. Sie sind sehr aggressiv und die Stiche sollen höllisch schmerzen. Am Abend haben wir klare Sicht auf den Vulkan und verstehen nun vollends, warum er zur Zeit nicht bis zum Krater bestiegen werden darf. Nicht nur, dass er ohnehin die ganze Zeit Rauch ausbläst, nein, nachts sieht man ihn auch glühen. Gegen 22 Uhr passiert dann auch noch das Unglaubliche, es gibt einen kleinen Knall und danach ist zumindest unser Stadtviertel dunkel (den Rest können wir von unseren Fenstern aus nicht sehen). Zwischendurch war der Strom mal kurz wieder da, aber scheinbar nicht sehr lange.

Der nächste Morgen startet also mit Zähneputzen mit Stirnlampe, Strom gibts um 5:30 Uhr noch keinen. Pablo steht pünktlich 6:30 Uhr draußen und in dem Moment geht auch der Strom wieder an. Wir fahren zunächst in seinen Laden und werden komplett ausgestattet. Wir bekommen einen größeren Rucksack, einen kleinen Plastikschlitten, einen Schutz für den Hintern, eine wasserdichte Hose, dicke Handschuhe, einen Helm, Steigeisen, Eispickel und für Ronald auch steigeisenfeste Schuhe. Meine Wanderstiefel werden für akzeptabel befunden, ebenso wie unsere Regenjacken. Danach geht es zum Startpunkt für den Aufstieg. Hier kontrollieren Ranger nochmals, ob wir auch ordentlich angezogen sind und alles dabei haben. Der Aufstieg ist übrigens nur mit Guide erlaubt oder man holt sich eine Erlaubnis der Behörde. Hierfür muss man aber nachweisen, dass man über alpine Erfahrung verfügt. Zu Beginn geht es noch kühl durch einen Wald, danach beginnt der Aufstieg. Pablo hält kurz an, damit wir uns von allen unnötigen Lagen befreien können, denn die Sonne brennt schon jetzt. Der 1. Teil des Aufstiegs durch Geröll und Vulkanasche ist echt mühsam, aber Pablo verspricht Erleichterung im Schnee. Wir haben Glück, der Schnee ist ausreichend weich, sodass wir auf die Steigeisen verzichten können. Der Eispickel fungiert als Wanderstock und wir brauchen ihn auch, denn mehrfach versinken wir im Schnee und dann kommt man einfach leichter wieder hoch. Nach fast 4 Stunden mit Pausen kommen wir etwas erschöpft, aber glücklich am aktuell höchst möglichen Punkt des Aufstiegs an. Ich hatte mir ehrlich gesagt, mehr Andrang vorgestellt, wäre die größere Studentengruppe nicht gewesen, es wäre wirklich so gut wie nichts losgewesen. Angeblich liegt es daran, dass die Leute die Tour nur wegen dem Kratererlebnis machen. Wir verstehen es nicht so ganz, denn auch ohne Kraterrand, die Aussicht ist grandios. Der Weg nach unten ist ein riesen Spass, jetzt kommen die wasserdichten Sachen und der Schlitten zum Einsatz, wir rutschen den Berg nach unten. Das letzte Stück durch den Schotter und den Wald geht es natürlich wieder zu Fuß. Pablo hält die ganze Zeit nach interessanten Sachen Ausschau und findet tatsäch eine Baby-Tarantula. Leider bekomme ich das Handy nicht schnell genug aus der Tasche, da ist sie auch schon weg. Glücklicherweise läuft aber keine 3 Meter weiter dann eine Teenager-Tarantula über den Weg, sehr plüschig. Wir lassen den Abend im Biergarten ausklingen, es gibt Kölsch im 0,4l Glas, eine Currywurst für Ronald und für mich ein Rindertartar, oder jedenfalls soll es sowas sein. In Chile kennt man scheinbar keinen Fleischwolf, denn mein Tartar ist einfach nur kleingeschnittenes Fleisch und dann wie Cerviche gebeizt - schmeckt aber trotzdem. 

Am dritten Tag können wir endlich mal ausschlafen und zur Mittagszeit geht es ganz entspannt in eine natürliche Therme, die Termas Geometricas. Es gibt zwei kalte Wasserfälle und ansonsten viele Pools zwischen 36 und 45 Grad. Die Becken sind zahlreich vorhanden, sodass es sich auch gut verläuft. Unsere Muskeln freuen sich über die Entspannung. Am Abend entscheiden wir uns für ein italienisches Restaurant in der Innenstadt von Pucón, war aber leider ein Fehler. Meine Kürbissuppe ist einfach mal überhaupt nicht gewürzt.